OG Illertissen - Unser Beitrag zum Insektenschutz
Nachdem der Neu-Ulmer Kreisverband der Imker im Rahmen des Projektes „Blühende Energie“ kommunale Flächen suchte, um darauf die durchwachsene Silphie anzubauen, stellte die Stadt Illertissen eine Fläche von ca. 0,2 ha für insektenfreundliche Gestaltung zur Verfügung.
Zwei Drittel dieser Fläche konnte vom BUND für die Anlage einer Blumenwiese gepachtet werden. Ein Drittel der Fläche wurde Anfang September 2018 von den Imkern mit der durchwachsenen Silphie bestückt. Das Projekt „Blühende Energie“ soll Alternativen zum Maisanbau aufzeigen. Die kleinen Flächen dienen nicht zur Energiegewinnung, sondern sind als Signalwirkung und als eine Bereicherung unserer meist blütenlosen Agrarlandschaft zu verstehen.
Bei der durchwachsenen Silphie handelt es sich um eine mit der Sonnenblume verwandte Korbblütler-Art, welche im gemäßigten Nordamerika beheimatet ist. Charakteristisch sind die am Stängel verwachsenen Blattpaare, die auf diese Weise kleine „Becher“ bilden, in denen sich Tau- und Regenwasser sammelt. Die Pflanze ist deshalb als Zierpflanze auch unter den Namen Becherpflanze bekannt, der offizielle Namen deutet auf die scheinbar vom Stängel durchwachsenen Blätter hin. In der Landwirtschaft wurde die Pflanze bei uns zunächst als Futterpflanze eingeführt, wird aber heute vorwiegend als Energiepflanze angebaut. Sie wird bis zu drei Meter hoch und ist ökologisch verträglicher als der Mais.
Bei uns wird sie in der Regel nicht gesät, sondern als Setzling gepflanzt und braucht mehrere Jahre bis zum vollen Ertrag. Sie kann dann allerdings als ausdauernde Kultur mindestens 15 Jahre geerntet werden. Nach der vollen Entwicklung bringt ein Silphiefeld annähernd die Biomasse eines Maisfeldes. Der Anbau ist, über die Zeit betrachtet, mit wesentlich weniger Energieeinsatz und Kosten verbunden, da sich der Aufwand für Bodenbearbeitung, Saatgut, Anbauen und Pflanzenschutz reduziert.
Ohne irgendwelche pflegerischen Eingriffe zeigte die Silphie auf der kleinen Versuchsfläche trotz erheblichen Distelaufkommens ein gutes Durchsetzungsvermögen. Durch die Dauerkultur bleibt der Boden das ganze Jahr über bedeckt, was der Erosion entgegenwirkt. Die Pflanze gilt als vorübergehend trockenheitstolerant. Ihre Invasionsgefahr (Neophyten) wird als gering eingeschätzt. Die Tatsache, dass es sich bei der Silphie um eine Blütenpflanze handelt, erhöht die Biodiversität in unserer Landschaft gegenüber dem Maisanbau erheblich. Durch ihren Blütenaufbau ist der Pollen und Nektar für ein sehr breites Artenspektrum der Insekten zugänglich. Zudem fällt ihre Blüte von Juli bis September in eine ansonsten eher blütenarme Jahreszeit.
In der Imkerliteratur ist wiederholt zu lesen, dass in Anbetracht des reichen Blütenangebots die Honigernte eines Silphiefeldes sehr gering ausfällt. Der Nektarfluss ist offenbar nicht so üppig und zur Blütezeit ist die Honigernte des Imkers sowieso größtenteils abgeschlossen. Für den Eigenbedarf der Honigbiene und für die Vielfalt ihres Wintervorrats ist die Silphie jedoch vorteilhaft.
Zeitgleich mit der Silphiepflanzung wurde Anfang September 2018 die Blumenwiese gesät. Das hochwertige Saatgut wurde freundlicherweise von der Stadt Illertissen gesponsert. Aufgrund der jahrelangen Vornutzung der Fläche als nährstoffreiches Ackerland wurde zur Umwandlung von Acker in Wiese die Fettwiesenmischung von Rieger & Hofmann gewählt. Diese klassische Glatthaferwiese besteht zu 70 Prozent aus Grassamen (13 verschiedene Arten) und zu 30 Prozent aus heimischen Blütenpflanzen (29 Arten). Sie wird auch für Randstreifen an Äckern und Feldwegen empfohlen. Im Herbst 2018 konnten sich dann noch die Blattrosetten vieler Blühpflanzen bilden, um im folgenden Frühjahr bereits einen Vorsprung gegenüber vielen einjährigen Ackerbeikräutern zu haben.
Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungsdauer und verschiedenen Standortansprüchen wird sich im Laufe der Jahre das Blütenspektrum der Wiese verändern. Im ersten Standjahr 2019 bestimmten zur Hauptblütezeit im Juni die Kornblume und der Klatschmohn den Anblick. Zur Förderung der Blütenvielfalt wurde ein Teil der Wiese in der Hochblüte gemäht um dann im Spätsommer eine zweite Blüte zu erzielen. Nach diesem Sommerschnitt dominierte dann der Rotklee, welcher Anfang Oktober als Viehfutter von einem Landwirt gemäht wurde.
In dem Wiesenstreifen, der im Sommer nicht gemäht wurde, entwickelten sich im Herbst besonders stark die Doldenblütler, vor allem die wilde Möhre und der Wiesenkümmel. Ihr dürres Stängeldickicht, mit den darin enthaltenen Samen für die Vögel und den unzähligen Unterschlupfmöglichkeiten für Insekten und Spinnen, bleibt über Winter stehen. Genauso stehen bleiben die robusten Stängel der Silphie.
Es bleibt spannend, wie sich unsere Blumenwiese und die durchwachsene Silphie weiter entwickeln werden. Dieser Blühstreifen stellt zusätzlich eine Vernetzung von der seit vielen Jahren bestehenden Obstwiese, welche ebenfalls von der BUND-Ortgruppe betreut wird, mit den naturnahen Flächen am Illerkanal dar.
Text & Fotos: Ernst Renner, Ortsgruppe Illertissen